Compliance: Rechtsgrundlagen und Inhalt
Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) definiert Compliance als die in der Verantwortung des Vorstands/Geschäftsführers/Leitungsorgans liegende Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und unternehmensinternen Richtlinien.
"Der Begriff Compliance steht für die Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen, regulatorischer Standards und Erfüllung weiterer, wesentlicher und in der Regel vom Unternehmen selbst gesetzter ethischer Standards und Anforderungen." [Eberhard Krügler]
Compliance ist mithin allumfassend und betrifft beinahe jeden Bereich eines Unternehmens sowie die dort aufgestellten und aufzustellenden Regelwerke, die sich nach gesetzlichen und konkret auf die Besonderheiten des jeweiligen Unternehmenstyps abzustimmenden Vorschriften richten.
Die Leitungsverantwortung der Organe ist daher sehr komplex. Sie erfordert vor allem die Schaffung eines Systems funktionierender Organisations- und Aufsichtsmaßnahmen.
Existiert ein solches System nicht oder nur unzureichend oder wird die Einhaltung des Systems durch die Mitarbeiter des Unternehmens nicht in ausreichendem Maße kontrolliert, setzen sich die Leitungsorgane und deren Mitglieder selbst zahlreichen Bußgeld- und auch Strafvorschriften aus.
Die Wirtschaftskriminalität hat in den letzten Jahren stets weiter zugenommen. Wirtschaftsstrafrecht ist zu einem der bedeutendsten Rechtsgebiete von im Wirtschaftsrecht tätigen Rechtsanwälten und Beratern geworden. Ziel funktionierender Compliance ist es, die Ausbreitung von Wirtschaftskriminalität einzudämmen und ein funktionierendes System der Prävention zu schaffen.
Die Pflicht zur Sicherstellung der Compliance ergibt sich u.a. aus §§ 91, 93 AktG sowie aus § 43 GmbHG zur Abwendung wirtschaftlicher Schäden von dem jeweiligen Unternehmen.
Die Nichteinhaltung der Regeln kann neben den o.g. Folgen für die Leitungsorgane auch zu Unternehmensstrafen, Bußgeldern, zur Gewinnabschöpfung oder auch zum Verfall des Gewinns führen, der durch den Gesetzesverstoß entstanden ist. Zusätzlich kann es zu externen und internen Kosten für Schadenersatzansprüche und die damit verbundenen (gerichtlichen) Verfahren kommen.
Compliance erwächst damit zu einem Grundpfeiler des gesetzlich lediglich allgemein geforderten Risikomanagements in einem Unternehmen.
Das Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland hat im IDW-Prüfungsstandard PS 980 die Gesamtheit der im Unternehmen zur Sicherstellung der Compliance eingerichteten Maßnahmen und Prozesse als Compliance-Managementsystem (CMS) bezeichnet.
Das IDW hat in seinem o.g. Standard sieben Grundelemente eines CMS festgeschrieben:
- Compliancekultur
- Complianceziele
- Compliancerisiken
- Complianceprogramm
- Complianceorganisation
- Compliancekommunikation und Complianceinformation
- Complianceüberwachung und Complianceverbesserung
Compliancemanagementsysteme sind auch der Zertifizierung zugänglich. So hat der TÜV Rheinland am 30.03.2011 den "Standard für Compliance Management Systeme" (TR CMS 101:2011) veröffentlicht.
Der Standard TR CMS 101:2011 ist in folgende acht Kapitel gegliedert:
- Anwendungsbereich
- Ziele des Compliance Management Systems
- Begriffe
- Compliance Management System
- Verantwortung der Leitung
- Management von Ressourcen
- Compliance-Prozesse und Umsetzung
- Systemüberwachung, Systemanalyse und Systemverbesserung
Die zur Erreichung der Complianceziele Risikominimierung, Effizienzsteigerung und Effektivitätssteigerung einzurichtenden Complianceprozesse lassen sich wie folgt gliedern:
- Prozesse der Risikoanalyse
- Prozesse der Abweichungsanalyse
- Prozesse des Umgangs mit Ausnahmesituationen
- Prozesse der Eskalation
Compliance hat damit sowohl eine präventive als auch eine repressive Komponente; letztere besteht in der u.a. konsequenten Durchsetzung z.B. von Ansprüchen des Unternehmens gegenüber den Verantwortlichen. Hierbei trifft auch den Aufsichtsrat eine besondere Verantwortung und Pflicht, insbesondere dann, wenn Ansprüche gegenüber den Mitgliedern des Leitungsorgans zu besorgen sind. Zudem gehört auch die konsequente Aufarbeitung, Verfolgung und damit Anzeige von begangenen Wirtschaftsstraftaten und auch von sonstigen Straftaten zur geforderten Umsetzung ordnungsgemäßer und funktionierender Compliancestrukturen und Compliancesysteme.
Sowohl die präventive Einrichtung von Compliancestrukturen und Compliancesystemen als auch die gesetzeskonforme Umsetzung dieser Strukturen einschließlich zivilrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher und strafrechtlicher, insbesondere wirtschaftsstrafrechtlicher Maßnahmen der Verfolgung erfordert jeweils eine kompetente wirtschaftliche, wirtschaftsrechtliche, wirtschaftsstrafrechtliche sowie gesellschaftsrechtliche und zivilrechtliche Analyse der zugrundeliegenden Vorgänge.